Forschung über Low Stress Stockmanship

Es gibt immer wieder Studierende, die sich mit der stressarmen Methode beschäftigen, aber irgendwie kommen die Ergebnisse nicht groß raus. In Amerika geht einiges, hier in Deutschland erfährt man gar nicht, wo LSS praktiziert wird. Das sollte sich ändern!

Ich würde gern Forschungsergebnisse verlinken – eine kleine Befragung von Witzenhäuser Student*innen, bei der als Expertin mitgewirkte, habe ich angefragt.

Von April bis Juli 2013 arbeitete ich als Mentorin für eine Kooperation zwischen der HNE Eberswalde und dem WWF Deutschland. Mit fünf Schülern ging es um die Kommunikation klimafreundlicher Ernährung – mir war wichtig, vor allem Regionalität ins Blickfeld zu rücken und natürlich ging es auch um LSS. Hier ein Artikel über meine Forscher-Tätigkeit, veröffentlicht in der WWF-Jugendcommunity.

Ein Bild, das die Schüler sehr bewegte – ihnen wurde deutlich, dass Tierhaltung nicht anonym sein sollte: Ulli Bressel auf Hof Schwalbennest mit einem Kalb

Dezentral Schlachten für ein würdevolles Ende?

Ich bin Temple Grandin sehr dankbar für ihr Wirken: die Hälfte aller Rinder in den USA läuft dank ihr stressärmer durch Schlachthöfe, weil die Mitarbeiter in der LSS-Methode geschult und die Gebäude psychologisch sinnvoll konzipiert und umgebaut wurden. Hier ein Beitrag dazu, mehr und direkt auf der Webseite von Temple Grandin.

Schon als ich in Kanada war, fand ich es Wahnsinn, dass es auf einer Fläche von Deutschland nur eine Schlachtstätte gab! Alle Tiere wurden dorthin gekarrt. Eine Massenabfertigung. Die Versuche der Rancher vor Ort (um Meadow Lake, Saskatchewan) eine dezentrale Schlachtung, Verarbeitung und Vermarktung aufzubauen schlug trotz schon getätigter Investitionen fehl – immer wieder wurden ihnen von Seiten der Behörden Steine in den Weg geräumt, an denen sie schließlich scheiterten.

Ich verstehe nicht, wieso man in irgendeiner Weise von einer humanen Schlachtung sprechen kann. Selbst der Kugelschuss auf der Weide ist nicht menschlich, vielleicht aber ethisch hochwertiger?! Jedenfalls wird dem Tier der Transport erspart – ist es moralisch einwandfrei das Tier in seiner eigentlich schützenden Herde zu schießen? Wäre es nicht angebracht, jedem Lebewesen, das getötet wird, in die Augen zu sehen und ihm zu sagen, dass es sterben wird?

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Am Wochenende findet in Wietze eine Demonstration von Wir haben es satt! statt. Hier ein Auszug aus dem Aufruf:

430.000 Hühner sollen täglich im niedersächsischen Wietze geschlachtet werden. Europas größter Schlachthof für Geflügel wurde mit 6,5 Millionen Euro aus Steuergeldern subventioniert. Der Megaschlachthof ist ein Symbol für die Agrar- und Lebensmittelindustrie und steht wie kaum ein anderer Ort für deren Praktiken:

Megaställe, die bäuerliche Landwirtschaft verdrängen und Anwohner, Regionen und Umwelt belasten.
Tiere, die auf viel zu engem Raum und mit Hilfe von Antibiotika qualvoll gehalten werden.
Bauern, die keine fairen Preise für ihre Erzeugnisse bekommen und von der Agrarindustrie verdrängt werden.
Fleisch, das in Überschüssen produziert und zu Dumpingpreisen in die Länder des Südens exportiert wird, wo es kleinbäuerliche Märkte zerstört.
Menschen, die in Schlachthöfen zu Dumpinglöhnen und unsozialen Bedingungen arbeiten.
Futter, das vielerorts in Monokulturen angebaut wird und in Lateinamerika zu Landkonflikten führt.
Gülle, die Böden und Trinkwasser verseucht.
Essen, dem wir nicht vertrauen können.

Kleine, dezentrale Schlachthöfe müssen häufig schließen, weil sie die EU-Normen nicht mehr erfüllen können. Aber auch, weil die meisten Konsumenten dann halt doch im Discounter Fleisch kaufen und nicht mehr beim Metzger im Dorf.

Mir ist es wichtig, weiterhin mit Verbrauchern in Kontakt zu sein und in Gesprächen für Aufklärung zu sorgen. Denn Fragen gibt es viele, Alternativen wie Solidarische Landwirtschaft, bei denen ein direkter Bezug zum Tier möglich wäre, begegnen einem nicht unbedingt auf der Straße.

Filmdreh auf dem Melchhof

Dieter Moor und Koch Thomas zu Besuch bei Piet auf dem Melchhof – zusammen mit dem rbb soll die regionale Küche mit ihren Vorzüglichkeiten zur Schau gestellt werden.

Am 9. April reiste auch ich an, um Low Stress Stockmanship zu demonstrieren. Hier seht ihr das, was zur Ausstrahlung kam:

http://www.rbb-online.de/koecheundmoor/koeche_und_moor_archiv/koeche_und_moor__thomas.html

Für Zuschauer mit wenig Zeit: In der 24. bis 29. Minute bin ich im Bilde.

LSS praktisch auf dem Melchhof

Auf diesem Bild sieht man, dass das Tier die Ohren wegklappt, um die Teilnehmerin zu sehen.

Auf diesem Bild sieht man, dass das Tier ohne Hörner die Ohren wegklappt, um die Teilnehmerin zu sehen.

Nachdem ich ein paar Mal mit den Highlands des Melchhofs gearbeitet habe, bot ich am 8. und 15. Februar ein Training „LSS praktisch“ für Studierende der HNE an. In zwei Stunden übten jeweils 5 junge interessierte (und begabte) Leuten die Grundsätze ein.
Zu Beginn spazierten wir als Gruppe durch die Herde und beobachteten, welchen Einfluss wir auf die doch recht ruhige Herde von 45 Mutterkühen mit Färsen haben. Dann ging es in die Einzelübung mit Erklärungen zu speziellen „Lauftechniken“ zwischendurch. Dadurch dass die Zuschauergruppe aus nur vier Leuten bestand, konnte sie relativ nah an der Herde stehen und zuschauen, wie der Übende sich bewegt und wie diese Impulse auf die Tiere wirken. Jeder ist nacheinander dran und kann dann selbst ausprobieren, wie es funktioniert. Ich bin begleitend dabei, erkläre, wie ich in der Situation agieren würde und reflektiere mit jedem einzeln. Den wichtigsten Aspekt der Übung habe ich mit theoretischem Hintergrund bei den Zuschauenden erläutert. Am Ende hat die Gruppe eine Aufgabe gemeinsam und ohne meine Hilfe bewältigt. Eine Gruppe brachte die Herde durch die Unterstände, die anderen übten, die sehr Hungrigen von der Raufe wegzutreiben. Zum Abschluss und um einen Eindruck für die wirkliche Arbeit zu vermitteln, schauten wir uns dann noch den Aufbau des Korrals an.

Hier noch ein Bild, wie ich den Korral auf dem Melchhof aufgebaut hab – in Ermangelung eines Gitters eher eine abgerundete Bud Box (Modell Schneckenhaus): P1060808

LSS-Workshop beim Älplertreff

Anja & die Charolais-Kuh

Anja & die Charolais-Kuh

Neben Milchqualität, Hüten mit Hunden, der Kuhapotheke, dem Käsen und den Gesprächen mit Bauern gab es auf dem Älplertreff in Dohrenbach am 12. Januar 2013 auch einen Workshop zu Low Stress Stockmanship, dem stressarmen Umgang mit Herdentieren.

In zwei Stunden erarbeiteten sich etwa 40 Teilnehmende die Grundsätze der Methode, die Motivatoren der Kühe, mit denen auf der Alm hauptsächlich gearbeitet wird und das Gespür von Nähe und Distanz. Dann ging es zu Fuß auf einen Charolais-Zuchtbetrieb mit 25 Mutterkühen und deren 2 Monate jungen Kälbern im Laufstall. Dort zeigte ich einer kleineren Gruppe Zuschauer die Annäherung an mir unbekannte Rinder, das Prinzip von Impuls geben und Druck nachlassen bei gewünschter Reaktion der Kuh und eine kurze Sequenz des Bewegens der Herde.

Bei dem Workshop gab es aus meiner eigenen Erfahrung Anregungen zum Umgang mit den Kühen auf der Alm, dem Hinterherlaufenlassen des Bullens, dem Einfluss des eigenen Arbeitsstresspegels und viele spannende Episoden aus dem Erleben der Teilnehmenden. Die Entspanntheit während des Lernens über die Methode war dieses Mal besonders.

Kleine stressarme Momente

Am Wochenende besuchte ich eine Freundin, die auf einem demeter-Milchviehbetrieb arbeitet. Wir brachten die Kühe zusammen in den Wartebereich des Melkstands, unterhielten uns nebenbei über die einzelnen Kühe (hübsche Niederungsrinder!) und ich lobte sie für ihre Geduld, die Kühe in Ruhe aufstehen und rückwärts aus der Liegebox heraustreten zu lassen. Sie reagierten gut auf Impulse, wobei wir eigentlich nur mit etwas Abstand hinterhergingen. Als alle im Wartebereich ankamen und wir das Gatter schlossen, sagte die Freundin: „Joa, das war ja ein Spaziergang heute!“

So solls sein!

Ökostammtisch über LSS an der HNE Eberswalde

1.aAm 13. Dezember findet ab 18.30 Uhr in der Aula der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde ein Ökostammstisch zum Thema Low Stress Stockmanship statt.

Eingeladen sind Wilhelm Schäkel und Karoline Behr von der Bio Ranch Zempow.

Hier mein Artikel für den Ökolandbaucampus-Blog der HNE

Kurz vor Weihnachten lauschten 45 Leute in der Aula den Erklärungen von Dr. Wilhelm Schäkel zu Low Stress Stockmanship, dem stressarmen Umgang mit Herdentieren. Die Organisatoren des Ökostammtischs luden den Betriebsleiter der Bio Ranch Zempow und die Herdenmanagerin Line Behr nach Eberswalde ein.

Low Stress oder Natural Stockmanship steht für eine Methode, nach der ein Mensch durch Körpersprache, Position und Bewegungsmuster eine Herde lenken und leiten kann. Wilhelm Schäkel zeigte den Studenten wie eine Kuh sieht und wie er durch Hin- und Herlaufen die Aufmerksamkeit aller Herdenmitglieder auf sich zieht. Je näher der Mensch der Herde kommt, umso stärker wird sein Impuls und die Tiere werden im rechten Winkel zu der gelaufenen Linie losgehen. Sobald das Tier sich bewegt, nimmt der Mensch den Druck weg, bleibt nicht dran, sondern vergrößert den Abstand und wendet den Blick von einzelnen Tieren ab.

Bilder vom Alltag auf der Bio Ranch Zempow rundeten die kurze Einführung in die Methode ab. Es gab Fragen zum Umgang mit Bullen, zum Besuch des Tierarztes und ob Low Stress Stockmanship mit allen Rassen möglich ist. Wilhelm Schäkel sprach auch über die Motivatoren der Kuh. Angst ist der stärkste Motivator, gefolgt von den Hormonen und Futter (Gier). Vertrauen, den schwächsten Motivator, muss sich der Mensch erst erarbeiten. Line Behr meinte dazu jedoch, dass es genügt, die Herdenkontrolle bewusst durchzuführen, da es da schon einen Trainingseffekt sowohl beim Menschen als auch bei den Tieren geben kann.

Wer sich für die praktische Umsetzung interessiert oder die Methode erlernen will, kann ein Traineejahr im Herdenmanagement auf der Bio Ranch Zempow absolvieren oder an einem der Seminare oder Workcamps teilnehmen.

LSS-Seminar an der Uni Witzenhausen

Am letzten Oktoberwochenende führte Anja Feierabend ihr erstes Low Stress Stockmanship Seminar außerhalb von Zempow durch. Es sich sehr schnell so ergeben, weil die Nachfrage der Witzenhäuser Studenten groß war, und durch das „Studium fundamentale“-Programm ließ es sich auch leicht organisieren.

Der 3-stündige Theorieteil fand Freitagabend im Uni-Gebäude statt. Das Feedback dazu war positiv – endlich mal keine Powerpoint-Präsentation, lebendig und mit vielen Geschichten erzählt. Am Ende wurden zwei Videos gezeigt, wodurch sich die etwa 20 Teilnehmer schon ein bisschen mehr von der Realität vorstellen konnten.

Am Samstag, dem Praxistag hat es vormittags geschneit!! Hut ab vor den ausdauernd Beobachtenden, auf der Aussichtsplattform stehenden Leuten. Wir durften mit 5 Limousinkühen und 4 -kälbern von einem offenen Bauern arbeiten. Da es so eine kleine Herde war, konnten die Studenten die Reaktionen auf ihre Bewegungen an allen Herdenmitglieder wahrnehmen. Die Kühe sind am Ende Hinterhandwendungen und Achten um die Apfelbäume gelaufen, waren aber auch ziemlich hungrig, denn von 10 bis 16 Uhr wurde mit ihnen gearbeitet! Es war echt schön zu sehen, wie schnell sie gemerkt haben, worum es geht und wie gut sie auf unsere sensiblen Impulse reagiert haben. Die Studenten waren auch sehr offen, wodurch es viel um das Bild des Gelingens und mentale Impulse ging.

Nun gilt es, die Methode praktisch anzuwenden und von den Erlebnissen zu berichten. Dafür soll dieser Blog Raum geben!